Montag, 13. September 2010
Viele, viele neue Namen
Die folgenden Tage haben meine Fähigkeiten zum Namenmerken an ihre Grenzen gebracht, allein am ersten Abend, an dem sich die Austauschler getroffen haben, waren es 14 neue.
Seit dem 6.9. haben wir eigentlich jeden Tag etwas zusammen unternommen, sodass wir uns mittlerweile schon gut kennen und schon ein paar Freundeskreise entstanden sind. Die Disco- und Barabende waren feuchtfröhlich und selten vor 3 Uhr nachts zu Ende.
Inzwischen besitze ich auch ein Fahrrad, was einiges erleichtert. Julian und ich haben unsere Räder am anderen Ende der Stadt gekauft und sie in einer 1,5 stündigen Mammuttour 20 km durch die halbe Stadt nach Hause gefahren (dank GPS-Handy kein so großes Problem...;) )
Mein Rad sieht etwas aus wie ein Panzer, man könnte wahrscheinlich mit einem LKW drüberfahren und es würde noch funktionieren. Eine Bekannte, die in Beijing einen Fahrradladen besitzt hat uns gesagt, dass wir besser alte Fahrräder kaufen, da die neuen aus schlechtem Stahl hergestellt werden und leicht kaputtgehen (wie bei vielen unserer Austauschkollegen schon am ersten Tag geschehen).
Das wir gute Fahrräder gekauft haben, habe ich schon nach 5 Minuten gemerkt, als ein Chinese auf einem anderen Rad mit mir gleichgezogen ist, und mich gefragt hat, ob ich meins noch brauche...
Naja, mit diesen Rädern geht jedenfalls einiges schneller. Ich werde wohl, wenn ich nach Deutschland zurückkomme, erstmal wieder eine Eingewöhnungsphase in den geregelten Strassenverkehr brauchen, weil so, wie man hier fährt, habe ich in Deutschland null komma nichts Blechschaden.
Wir haben jedenfalls momentan eine Menge Spaß, machen Sightseeing und gehen Feiern, morgen allerdings geht mein Semester los, und ich bin schonmal gespannt, wie die Kurse hier in China so sind. Wenn alles so klappt, wie ich mir das denke, habe ich allerdings schon in 9 Wochen nur noch Freitags 2 Veranstaltungen und kann den Rest der Woche machen, was ich will, mal schaun...

Zum Schluss noch ein paar gemischte Bilder:

Mit Andi, einem Freund von Julian beim Peking-Ente-Essen:



Große Trommeln im "Trommelturm"



Typischer chinesischer Park



Nine Dragon Screen in einem Park in der Nähe der Verbotenen Stadt



Ein Teil des Sommerpalastes



Ein paar andere Austauschler: vorne: Annelien und Yannick (beide Belgien), hinten: Pierre (Schweden), Anne (Norwegen), Mike (USA) und Julian



Eine alte Frau malt Schriftzeichen mit Wasser auf die Steine




Willkommen im Land der unbegrenzten Unmöglichkeiten
So, nachdem ich jetzt relativ detailgetreu die ersten Tage beschrieben habe, werde ich den Zeitraffer rausholen. Nach meinen einsamen Erkundungstouren ist nämlich erstmal fast nichts passiert. Die folgenden Tage haben mich sogar ziemlich frustriert. Ich habe nämlich jeden Tag mehr oder weniger darauf gewartet, dass endlich jemand kommt, der mein Internet installiert!
Jeden Tag wurde ich erst auf später und schließlich auf den nächsten Tag vertröstet, hier einmal der vorletzte Tag meiner Warterei als Kurzablauf:
Internetmensch sollte um 10 uhr morgens kommen, um halb 12 bin ich runter zur Hausverwaltung, nachfragen, wo er bleibt: kommt zwischen 2 und 3. Um halb 5 bin ich wieder runter nachfragen: kommt in 15 min, muss nur noch eben einen WLAN-Router besorgen. Eine Stunde später wieder nachfragen: ja kommt gleich, diesmal bin ich dann unten geblieben und er kam tatsächlich. Wir sind dann zu meiner Wohnung gegangen und da fällt ihm dann plötzlich auf, dass er den Vertrag gar nicht dabei hat und morgen wiederkommen muss. Auf die Frage wann hieß es: so zwischen 2 und 3. Meine Freude kann man sich vorstellen. Die Tatsache, dass natürlich niemand Englisch sprach, machte die Sache auch nicht einfacher.
Nachdem ich schließlich 5 Tage nur mit Warten verbracht hatte, wurde am 6.9. endlich mein Internet freigeschaltet, punktgenau 20 min bevor Julian mit seinem Kollegen aus Westchina zurückgekam.
Sie waren beide ziemlich kaputt, trotzdem sind wir noch Essen gegangen. Am Abend vorher hatte ich mich schon mit ein paar anderen Leuten aus dem Austauschprogramm getroffen und Party gemacht. Nun sollte also der gesellige Teil beginnen.



Samstag, 11. September 2010
Verbotene Stadt und Lama Tempel
Nun, wo ich es mir also wohnlich gemacht hatte, habe ich dann angefangen, die öffentlichen Verkehrsmittel zu benutzen. Die Preise hier sind einfach nur unfassbar günstig. Taxi fahren kostet meistens ca 1,20€. Wenn man mal weitere Strecken fährt, so etwa 20km, geht es trotzdem nicht über 5€. Bus und Bahn sind noch günstiger: Bus 11 cent und U-Bahn 22 cent, jeweils egal wie weit! Die U-Bahn ist auch deutlich weniger voll, als man denken sollte, nur geringfügig voller als in Köln. Busse allerdings sind oft vollgestopft, wenn ich mitgefahren bin, war ich auch meist der einzige Nicht-Chinese.
Meine erste Tour ging natürlich, wohin auch sonst, zum Tian an'men



Das Tor des Himmlischen Friedens mit dem großen Mao-Portrait war schon recht beeindruckend, allerdings nichts im Vergleich dazu:



Die Verbotene Stadt an sich ist riesig, es gibt etwa 96 Paläste, in die man zum Großteil noch rein kann, und in denen alle möglichen Sachen von uralten Schriften bis Porzellan und Jadestatuen ausgestellt sind.









Hier bin ich kurz etwas stutzig geworden, aber nein, gibts ja auch als kultisches Symbol:







Eigentlich von einem anderen Tag, muss aber dazu:



Ich hatte leider nur drei Stunden Zeit, die Verbotene Stadt braucht aber mindestens 4 bis 5, ich "muss" also nochmal hin.
Was mir allerdings fast besser gefallen hat, weil nicht so überlaufen, war der Lama Tempel, ein alter Kaiserpalast, der zu einem buddhistischen Tempel umfunktioniert wurde. Hier haben überall Chinesen gestanden, Räucherstäbe angezündet und zu den verschiedenen Göttern gebetet. Am eindrucksvollsten war die große Halle am Ende des Tempels, in der eine aus einem einzigen Stück Holz geschnitzte, 18 m hohe Buddha-Statue steht. Leider war in den Gebäuden das Fotografieren verboten, damit man die Leute nicht bei der Ausübung ihrer Religion stört, deshalb kann ich leider nur Bilder von Außen anbieten.

Eine Glocke voller chinesischer Schriftzeichen







Euch ist vielleicht schon aufgefallen, dass sich der Tempel nicht großartig von der Verbotenen Stadt unterscheidet, das liegt daran, dass das alles Han-Chinesen-Architektur ist: Rote Säulen, türkis-grün-blaue Decken und Verzierungen, etc. Mehr oder weniger alle wichtigen Sachen in Beijing sind in diesem Stil gebaut, man kann sich also relativ schnell sattsehen, wenn man allerdings zwischen den Touren ein paar Tage Zeit lässt, geht es ganz gut ;)



Dienstag, 7. September 2010
Tag 2+3
Nachdem ich dann ca. 14 Stunden geschlafen hatte (und damit meinen Jetlag glücklicherweise volltständig überwunden) musste ich mich am nächsten Tag bei der Polizei registrieren. Das muss jeder Ausländer machen, egal wie lang er irgendwo in China ist. In Hotels oder Wohnheimen kann man das allerdings oft bequem an der Rezeption machen. Da ich aber eben in einem Appartment off-campus lebe, musste ich da selbst hin.
Die Leute von meinem Vermieter-Büro haben mich dann auf Elektrorollern dahingebracht. Dazu ist ein kurzer Vermerk zum chinesischen Strassenverkehr nötig. Zum Zuschauen ist er wirklich ganz lustig. Alle möglichen Vehikel von motorbetriebenen Fahrrädern über Rikschas bis zu Bussen, drücken sich mehr oder weniger durch die Strassen (zumindest zur Rush-hour) Dabei hat der Vorfahrt, der am lautesten und häufigsten hupt. Gehupt wird generell sehr viel, auch mal nur um zu sagen: Hallo, hier bin ich! Ampeln und Zebrastreifen gibts auch, Autos halten sich sogar meistens dran, Roller und Rikschas allerdings nicht, man "einigt" sich mehr oder weniger, wer jetzt gehen/fahren darf. Ich stand auch schon mitten auf einer Kreuzung auf dem Zebrastreifen, vor und hinter mir Verkehr, bei vierspurigen Stadtstrassen eher ein Erlebnis.
Also wie gesagt, zum Zuschauen sehr lustig, wenn man dann allerdings dran teilnimmt, am besten so wie ich noch als Beifahrer hinten auf einem kleinen E-Roller, der sich durch den Gegenverkehr schlängelt und über rote Ampeln fährt, ist das schon grenzwertig.
Schließlich bei der Polizei angekommen gabs anscheinend ein paar Schwierigkeiten, die, soweit ich das verstanden habe damit zusammenhingen, dass ich weder einen chinesischen Namen, noch eine chinesische Telefonnummer habe. Dann hat auch noch der Mietvertrag gefehlt. Aber schließlich, noch ein oder zwei Rollerfahrten später hatte ich dann allerdings endlich die ach so wichtige Registration Form of Temporary Residence in Händen, auf der freundlicherweise immer nur von "Aliens" die Rede ist.
Am nächsten Tag dann habe ich mich zum Mittagessen mit Helen getroffen. Hier ein Foto



Das war übrigens mein erstes richtiges Essen, die letzten beiden Tage hatte ich mich jetlagbedingt mehr oder weniger nur von Keksen und Joghurt ernährt.
Wir waren in einem Restaurant mit Sichuan-Küche, also eher scharf. Wer mich kennt, weiß, dass ich sehr gerne und oft scharf esse, aber selbst die "sanfteste" Stufe dieses Essens hat mir schon den Schweiß auf die Stirn getrieben.
A propos Essen, ich habe schon alle möglichen extremen Sachen auf den Speisekarten gelesen, z.B. Frosch, Esel, Entenköpfe, Hühnerfüße, etc. Hund habe ich allerdings noch nicht gesehen. Nur in lebendiger Form als Haustier. Witzigerweise sind das in den meisten Fällen Pekinesen.
Nach dem Essen sind Helen und ich dann Einkaufen gegangen, eine Prepaidkarte, Bettzeug und alles Mögliche andere für die Wohnung. Es gibt erstaunlich viele "westliche" Produkte hier, z.B. Sprite



Viele Produkte haben auch nur andere Namen, z.B. Mr. Muscle Reinigungsmittel oder Crest Zahnpflege. Milch gibt es hier lustigerweise in Tüten



Nach dem Einkaufen war ich dann noch kurz im Internetcafé um mal wieder auf den neuesten Stand zu kommen. Danach habe ich dann meine Bude etwas weiter eingerichtet. Inzwischen sieht es etwa so aus:



Jetzt war ich dann also nicht mehr so weltfremd, konnte Einkaufen und ins Internet gehen, nur Essen bestellen auf chinesisch fällt mir bis heute noch schwer. Das beschränkt sich auf draufdeuten (Gott sei Dank haben alle Speisekarten hier große, bunte Bilder) und "Das da, einmal" sagen.
Am nächsten Tag, Sonntag, konnte ich mich also mal ans Sightseeing machen...